Mit den zeitgleich am 14. März stattfindenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stellen sich gleich vier Regierungsparteien zur Wahl: Im Ländle ist die CDU seit Frühjahr 2016 als Junior-Partner in einer großen Koalition neuer Couleur mit den Grünen gebunden. Im benachbarten Rheinland-Pfalz ist die Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen etwa ebenso lange an der Macht.
So unterschiedlich die aktuellen Regierungsbündnisse, so verschieden die Voraussetzungen für Forschung und Innovation. Bei den Pro-Kopf-Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) liegt Baden-Württemberg im Bundesländervergleich mit weitem Abstand an der Spitze, Rheinland-Pfalz rangiert hingegen nur im unteren Mittelfeld und bildet auf regionaler Ebene sogar ein trauriges Schlusslicht: Im Regierungsbezirk Koblenz werden laut Daten von Eurostat nur 230 Euro pro Kopf für FuE aufgewandt, nirgends in Deutschland ist es weniger.
Trotzdem sind Forschung und Innovation für die SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer erklärtermaßen ein Gewinnerthema. So betonen die Sozialdemokraten in ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl unter der Überschrift „Erfolgreicher Forschungsstandort Rheinland-Pfalz“ die Ausrichtung ihrer Innovationspolitik auf „die Umsetzung neuen Wissens in innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Ein starker Fokus liegt auf Forschungseinrichtungen mit institutioneller Bund-Länder-Förderung. So heißt es, man werde den „erfolgreichen Weg der Überführung von Forschungsschwerpunkten in die außeruniversitäre Forschung fortsetzen“, die Universitäten hätten dabei eine „herausragende Bilanz“.
Dass es für den Mittelstand einiges zu tun gibt, wird insofern anerkannt, als dass das Wahlprogramm ankündigt, die „Schnittstellen zwischen Unternehmen und Hochschulen umfassend weiterzuentwickeln“ und neue Möglichkeiten zu schaffen, um in Kooperationen Wissenstransfer auch für kleinere Betriebe zu ermöglichen. Dafür werden neben einer „engeren Verzahnung durch Cluster zwischen Wissenschaft und den Betrieben“ auch sogenannte „Forschungsgutscheine“ für KMU genannt. Schon bisher gibt es so genannte Innovationsgutscheine, bei denen die maximale Zuwendung bislang 20.000 Euro beträgt. Es können auch mehrere Unternehmen ihre Gutscheine für einen gemeinsamen FuE-Auftrag kombinieren, um so einen größeren Auftrag zu finanzieren. In diesem Jahr wurden laut SPD-Angaben bislang sechs Vorhaben mit Mitteln in Höhe von 116.000 Euro bewilligt. Wie die Forschungsgutscheine das bisherige System ausweiten, soll im Falle eines Wahlsiegs "im Lichte der Nachfrage über die kommenden Monate bei Vorliegen verlässlicherer Zahlen" entschieden werden, wie ein SPD-Sprecher mitteilte.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei einer Rede im Landtag. Copyright: Landtag Rheinland-Pfalz / Torsten Silz
Mit Blick auf die Großen im Lande ist man stolz auf Standorte wie Mainz und Kaiserslautern, so bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz und Industrie 4.0. Auch hat die Opel-Mutter PSE in Kaiserslautern Milliardeninvestitionen zur Batteriefertigung für E-Autos und viele neue Arbeitsplätze angekündigt. Und in Mainz hat Corona-Impfstoff-Star Biontech sein Hauptquartier.
SPD und CDU wollen beide ein Gründungsstipendium
Die CDU setzt in ihrem Wahlprogramm ebenfalls große Hoffnungen auf Leuchttürme der Forschung wie Kaiserslautern. Inhaltlich sehen die Christdemokraten großes Potenzial für Forschungscluster, die sie für Künstliche Intelligenz, Biotechnologie sowie Batterie- und Wasserstofftechnik etablieren wollen. Vorhandene Cluster wollen sie stärken.
Wichtig zu wissen: Auch andere, in den Wahlprogrammen nicht genannte Cluster, haben in Rheinland-Pfalz durchaus Stellenwert, so ein Keramik-Cluster im Norden des Bundeslandes.
Mit etwas anderem Zungenschlag als bei der CDU heißt es bei den Sozialdemokraten, dass sie dezentrale Technologiecluster in wichtigen Schlüsseltechnologien aufbauen und weiterentwickeln wollen, so etwa für Speichertechnologien und Digitalisierung. Hier soll Innovations- offenbar mit Strukturpolitik verknüpft werden. Im Süden von Rheinland-Pfalz ist FuE bedingt durch die Präsenz von Großunternehmen am Rhein deutlich stärker.
Eine Gemeinsamkeit zwischen der oppositionellen CDU und der regierenden SPD: Sie wollen beide eine verbesserte Förderung von Gründerinnen und Gründern über ein „Gründungsstipendium“. Auch im benachbarten Baden-Württemberg sind Ausgründungen und Startups übrigens ein großes Thema mit Blick auf die Förderung von Forschung und Innovation, wie wir in einem separaten Artikel in der kommenden Ausgabe 02/2021 der ZUSE TRANSFERNEWS berichten.
Teilung der Uni Koblenz-Landau
Das Nord-Süd-Gefälle in Rheinland-Pfalz dürfte mit Blick auf die Struktur- und Innovationstrends weiter im Fokus der Landespolitik bleiben. So hat die Landesregierung die Teilung der Universität Koblenz-Landau beschlossen. Landau liegt im südlichen Zipfel von Rheinland-Pfalz nahe Karlsruhe. Die Neustrukturierung sieht bis Oktober 2022 den Aufbau einer selbständigen Universität in Koblenz vor. Der Standort Landau wird mit der TU Kaiserslautern zusammengelegt. Die Uni Koblenz soll einen starken regionalen Bezug haben, was Wissenschaftsminister Konrad Wolf (SPD) u.a. im Berliner Tagesspiegel verteidigt und mit Strukturförderung für Innovation in den Regionen begründet hat.
HoFDP-Spitzenkandidatin: Daniela Schmitt, derzeit Staatssekretärin im Mainzer Wirtschaftsministerium. Copyright: FDP Rheinland-Pfalz.ffnung auf Koblenz setzen auch die Liberalen. Mit Fokus auf KMU richtet die FDP ihr Wahlprogramm in Rheinland-Pfalz aus. Sie will eine Innovationsoffensive, die auf der projektorientierten Förderung der Zusammenarbeit von KMU mit Hochschulen fußt. Hierbei soll insbesondere Koblenz mit seiner Fachhochschule und Universität berücksichtigt werden, um die wirtschaftliche Vernetzung in der Region weiter voranzutreiben. Die bestehende Transferoffensive zwischen Wirtschaft und Wissenschaft will die FDP „evaluieren, verbessern und dann entsprechend verstärken“.
Grüne kündigen landeseigenes FuE-Förderprogramm speziell für KMU an
Ebenfalls einen Fokus auf den Mittelstand setzen die rheinland-pfälzischen Grünen. Sie kündigen in ihrem Wahlprogramm ein landeseigenes Förderprogramm für Forschung und Entwicklung an, das speziell auf kleine und mittlere Unternehmen aus den Branchen digitale Zukunfts- und Schlüsseltechnologien, Erneuerbare Energien, Ressourceneffizienz und innovative Mobilität zugeschnitten sein soll.
Den Anteil der staatlichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung wollen die Grünen in Rheinland-Pfalz in den kommenden Jahren durch den Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) verdreifachen, „gemessen am Bruttoinlandsprodukt“. Laut Statistischem Bundesamt erreichten die FuE-Aufwendungen in Rheinland-Pfalz gemessen am BIP zuletzt 2,6 Prozent, gegenüber 5,7 Prozent in Baden-Württemberg.
CDU will neue Ressortaufteilung, Wissing geht nach Berlin
Mit Volker Wissing, der mittlerweile auch FDP-Generalsekretär ist, stellen die Liberalen in Rheinland-Pfalz den Wirtschaftsminister. Die CDU in Rheinland-Pfalz macht in ihrem Wahlprogramm übrigens das Versprechen, „Wissenschaft und Innovation in einem Ministerium“ zusammenzuführen. In der aktuellen Ampel-Koalition gibt es ein von der SPD-Politikerin Stefanie Hubig geführtes Ministerium für Bildung, das von Wolf geleitete Ressort für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie Wissings Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau. Er kandidiert allerdings nicht mehr für den Landtag, sondern wird die rheinland-pfälzische FDP in den Bundestagswahlkampf im Herbst führen.
Wer die Parteien in den Wahlkampf im benachbarten Baden-Württemberg führt und was das für Forschung und Entwicklung bedeutet, erfahren Sie in unserem FuE Check zu den dortigen Landtagswahlen.