Podiumsdiskussion beim Zuse-Abend

Bei der Podiumsdiskussion diskutierten sie über aktuelle Trends und Potentiale im Innovationssystem (von links): Dr. Gisela Philipsenburg vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Christian Bogatu von der Bundesagentur für Sprunginnovationen, die Bundestagsabgeordneten Thomas Jarzombek (CDU) und Reinhard Houben (FDP) sowie Unternehmer Clemens Gutmann. Nicht im Bild die Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie (SPD) sowie Moderator Christian D. Thomas LL.M. (Zuse-Pressechef) und Co-Moderator Dr. Klaus Jansen (Zuse-Geschäftsführer). Foto: Zuse-Gemeinschaft

Berlin. Mehr Transfer wagen. Unter diesem Motto trafen sich namhafte Fachvertreter aus Politik, Administration, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft beim traditionellen „Zuse-Abend“ in Berlin: Die Deutsche Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse e.V. (Zuse-Gemeinschaft) hatte zum Austausch über aktuelle Trends im Innovationssystem und zur Diskussion darüber eingeladen, wie man das bestehende System zukunftsfest gestalten kann.

In seinem Grußwort umriss Prof. Dr. Martin Bastian, Präsident der Zuse-Gemeinschaft, zunächst die Bedeutung der Industrieforschung in Deutschland sowie von Innovation und Transfer für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Er hob die führende Rolle der in der Zuse-Gemeinschaft zusammengeschlossenen Forschungseinrichtungen als Partner der mittelständischen Industrie bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in konkrete Produkte und Dienstleistungen der Wirtschaft hervor. An die Politik richtete Bastian den nachdrücklichen Appell, Förderprogramme wie ZIM, INNO-KOM und IGF nachhaltig mit Mitteln auszustatten und zukunftssicher auszustatten, um die anstehenden Herausforderungen aus dem Klimawandel, der ökologischen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, Fachkräftemangel sowie des Kriegs in der Ukraine erfolgreich bewältigen zu können.

Gerald Ullrich MdB (FDP) knüpfte als Schirmherr des Abends in seiner Keynote an Bedeutung, Rolle und Funktion von Bildung, Forschung, Innovation und Transfer für Deutschland an. Er betonte die besondere Rolle der Industrieforschung als wichtige Säule der Forschungslandschaft – neben Grundlagen und anwendungsorientierter Forschung: Die Industrieforschung verknüpfe Wissen mit Umsetzung, baue die Brücke zwischen Forschung und Industrie und ermögliche so die Dienstleistungen, Produkte und Lösungen, die eine in Transformation begriffene Gesellschaft dringend brauche. Das erstrecke sich auf alle Bereiche des Lebens. Ullrich würdigte die Leistungen der Industrieforschungseinrichtungen und ermunterte den Verband, sich mit seinen Erfahrungen aktiv und konstruktiv in die politisch-gesellschaftlichen Debatten einzubringen, um die Parameter für ein erfolgreiches Innovationssystem zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen mitzuprägen.

Wie diese künftigen Rahmenbedingungen aussehen könnten, welche Stellschrauben gedreht und wo Innovation und Transfer neu gedacht werden müssen. Diesen Fragen spürte dann eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion unter der Leitung von Zuse-Sprecher Christian D. Thomas LL.M. und Co-Moderator Dr. Klaus Jansen, Bundesgeschäftsführer der Zuse-Gemeinschaft, nach. Auf dem Podium: die Bundestagsabgeordneten Ye-One Rhie (SPD, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie Senatorin der Zuse-Gemeinschaft), Reinhard Houben (FDP, Wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Deutschen Bundestag) und Thomas Jarzombek (CDU, Forschungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag), Dr. Gisela Philipsenburg vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, dort u.a. Leiterin der „Projektgruppe DATI und regionale Innovationsökosysteme“) sowie Christian Bogatu von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIN-D und Clemens Gutmann, Senator der Zuse-Gemeinschaft und Gründer und Geschäftsführer der regiocom GmbH, einem mittelständischen IT-Unternehmen, das Lösungen für Energieversorger, Netzbetreiber sowie für Customer Care & Support anbietet. Bereits in den Eingangsstatements wurden wichtige Merkmale eines erfolgreichen Innovationssystems formuliert: Freiräume zum Ausprobieren, Risikofreude, enger Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie ausreichende Geldmittel – auch von Risikokapitalgebern.

Heftig wurde es auf dem Podium zur geplanten Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI): Philipsenburg stellte zunächst die Pläne des BMBF detailliert vor und betonte, die DATI werde als Agentur freier und schneller agieren können, als die klassische Projektförderung der Regierung. Das führe zu einer Verkürzung der Bewilligungszeiträume in der Projektförderung. Auch solle die DATI breiter aufgestellt sein und kreative Ansätze aus der ganzen Zivilgesellschaft aufgreifen und vernetzen. Rhie ergänzte, die Förderung regionaler Innovationen verbreitere die Basis für Innovationen und Transfer; das könnten die bestehenden Förderprogramme nicht leisten. Jarzombek begrüßte zwar das Ziel, Innovation und Transfer aus einer möglichst breiten Basis zu generieren, zweifelte aber, ob die Errichtung einer weiteren Agentur neben der SPRIN-D der richtige Weg sei: SPRIN-D existiere seit Jahren, komme aber nicht voran. Eine DATI würde zudem Doppelstrukturen in der Förderung durch das BMBF und das BMWK festigen. Er befürworte stattdessen den Aufbau agiler Strukturen zwischen den Ministerien und einen Abbau an Bürokratie: Auf diese Weise könnten – aufbauend auf den bestehenden Strukturen – übergreifende Synergien entstehen, anstatt Zeit und Mittel für den Aufbau weiterer Strukturen aufwenden zu müssen. Damit war ein Impuls gesetzt, der besonders bei den wirtschaftsnahen Vertretern auf Zustimmung traf: Die Bürokratie müsse reduziert, Abläufe vereinfacht und beschleunigt werden. Zu bedenken sei, dass sich technische Innovationen niemals alleine durchsetzten, sondern zwingend eine reibungslos funktionierende, effiziente Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft benötigten, um zu marktfähigen Produkten und Dienstleistungen zu werden. Und an dieser Stelle stünden die Institute der Zuse-Gemeinschaft mit ihren Kompetenzen in Wissenschaft und Wirtschaft.

In ihrem Schlusswort dankten Thomas und Jansen den Teilnehmern der Podiumsdiskussion für die gesetzten Impulse: „Wir haben heute gehört, dass Einigkeit herrscht über die Bedeutung des Innovationssystems, der Industrieforschung in Deutschland sowie den idealen Rahmenbedingungen – gerade für die Zukunft unseres Landes. Das ist eine gute und motivierende Botschaft für unser Forschungseinrichtungen, deren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ebensoviel Herzblut und Leidenschaft wie wissenschaftlicher Exzellenz arbeiten“, fasste Thomas ein Ergebnis der Diskussion zusammen. Jansen ergänzte: „Dass dabei unterschiedliche Ansätze und Ideen bestehen, wie wir diese idealen Bedingungen gemeinsam schaffen können, ist ein unschätzbarer Vorteil. Nur wenn wir auch künftig ebenso konstruktiv-kritisch wie wertschätzend miteinander diskutieren und um die besten Lösungen ringen, werden wir die Transformationsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft erfolgreich bewerkstelligen.“ Er versprach: „Die Institute der Zuse-Gemeinschaft werden auch weiterhin ihrem Weg treu bleiben, ihren Beitrag für Klimaschutz, Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und Dekarbonisierung leisten und sich in die politisch-gesellschaftlichen Debatten engagiert einbringen.“