Ein interdisziplinäres Team aus Wasserwirtschaft und Gesundheitswesen kam für die zweitägige Abschlusskonferenz des durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geförderten Forschungsvorhabens WBEready in der Messe Essen zusammen, um gemeinsam mit Wissenschaft, Ministerien, Behörden und Akteuren aus dem kommunalen Gesundheitsdienst die im Projekt entwickelten neuen Erkenntnisse im Epidemiologischen Abwassermonitoring (wastewater-based epidemiology, WBE) zu diskutieren. Es ist gelungen, mit Teilnehmenden von BMG, RKI, LZG.NRW, BMUV, UBA, MUNV.NRW, LANUV.NRW, ÖGD und Wasserwirtschaft eine Roadmap für die Umsetzung des Abwassermonitorings gemäß der am selben Tag beschlossenen EU-Kommunalabwasserrichtline zu erarbeiten.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Abwasserbasierte Epidemiologie und Preparedness: Forschungsbedarf für eine Roadmap zum Aufbau adaptiver Monitoringkapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst“ lud das WBEready-Konsortium für den 5./6. November zur Abschlusskonferenz in die Räumlichkeiten der Messe Essen ein. Das Forschungskonsortium, bestehend aus Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), dem Institut für Medizinische Virologie der Universitätsmedizin Frankfurt (UKF), dem Institut für KI in der Medizin Essen (IKIM) und dem Institut für Urban Public Health (InUPH) der Universitätsmedizin Essen, dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen (ISA) und dem Verbundkoordinator Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen (FiW), freute sich, über 60 Teilnehmende aus Bundes- und Landesministerien, Behörden, Kommunalen Gesundheitsdiensten und Wasserverbänden zu begrüßen.
Das Forschungsvorhaben WBEready konzentriert sich auf die Entwicklung von erregerspezifischen Toolboxen, die den Öffentlichen Gesundheitsdiensten zur Verfügung gestellt werden können, um kurzfristig im Ernstfall eines Erregerausbruchs zur Anwendung kommen zu können. Die Forschung an einer solchen Vorsorge – auch Preparedness genannt – beinhaltet unter anderem die Simulation von Prozessen im Kanalnetz in der Versuchsanlage, sowie die Beprobung des Reallabors Emscher-Lippe und die Durchführung von Qualitätskontrollen der beteiligten Labore. Die Ergebnisse des interdisziplinären Konsortiums sollen als Roadmap einen praxisorientierten Leitfaden für die relevanten Akteure darstellen.
Die abwasserbasierte Epidemiologie ermöglicht eine non-invasive, zeitnahe und integrale regionale Überwachung von humanpathogenen Krankheitserregern über kommunale Abwässer. Bereits in der COVID-19-Pandemie wurde ein SARS-CoV-2-Abwassermonitoring aufgebaut, das anhand von Ausscheidungen von erkrankten Personen im Abwasser frühzeitig Informationen zum Infektionsgeschehen in einer Region bereitstellen konnte. Gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit ist das Forschungsprojekt WBEready gleich mehrere Schritte weiter gegangen: Im Rahmen dieses Vorhabens wurden Grundlagen für die Umsetzung der abwasserbasierten Epidemiologie für weitere zirkulierende und neu auftretende humanpathogene Viren sowie antimikrobielle Resistenzen geschaffen (z. B. Influenza A/B, RSV A/B, H5N1, Dengue-Virus). So konnte das WBEready-Team zeigen, dass Abwassermonitoring als ergänzendes, integrales Surveillance-Tool abrufbereit zur Verfügung gestellt werden kann, um effektiv auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können (Preparedness).
Das Forschungsprojekt WBEready, das als Synergieprojekt in enger Abstimmung mit dem Bundesprojekt „Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung“ (AMELAG) von RKI und UBA durchgeführt wird, konnte sich über eine rege Teilnahme der relevanten KollegInnen des AMELAG-Teams freuen. Während eine Fortführung der Forschungsvorhaben zum Abwassermonitoring aufgrund der derzeit nicht geklärten Bundeshaushaltslage noch nicht gesichert ist, haben die Teams aus WBEready und AMELAG die bestehende Vernetzung verstärkt und neue Kontakte zwischen den Beteiligten geknüpft.
Die Vernetzung und der Brückenbau zwischen den verschiedenen beteiligten Disziplinen war ein erklärtes Ziel der WBEready Abschlusskonferenz: Die Erfahrung aus der COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass unterschiedliche Disziplinen Zeit und Raum brauchen, um sich einander anzunähern und gemeinsam Konzepte zu erarbeiten. Zur Schaffung eines Wasser-Gesundheits-Teams und einer gemeinsamem Arbeits- und Denkkultur hat die Abschlusskonferenz einen großen Teil beigetragen.
Die gute Zusammenarbeit zwischen der Wasserwirtschaft und dem Gesundheitsdienst wird in Zukunft noch relevanter, wenn die zeitgleich zur Abschlusskonferenz am 05.11.2024 durch den EU-Ministerrat verabschiedete EU-Kommunalabwasserrichtlinie in nationales Recht überführt wird. Die Richtlinie fordert unter anderem, dass alle EU-Mitgliedsstaaten ein System zur Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsbehörden und Abwasserbehörden einrichten. Gemäß Artikel 17 der EU-KARL wird eine Überwachung von z. B. SARS-CoV-2-Virus, Poliovirus, Influenzavirus, sowie neu auftretende Krankheitserreger sowie die Messung von antimikrobiellen Resistenzen (AMR) in Kläranlagen ab 100.000 Einwohnern demnächst gesetzlich verpflichtend.
Pressmitteilung des FIW vom 13.11.2024.