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Bildquelle: Nolte Küchen GmbH & Co. KG

Ein gleichmäßigerer Warenstrom von der Produktion zum Versand: das ist das Ziel eines Möbelherstellers, der das IPH mit einer Materialflusssimulation beauftragt hat. Das Simulationsmodell bildet die Förderbänder in der Fabrik realitätsgetreu nach und kann vorhersagen, wie sich Veränderungen auf den Materialfluss auswirken.

Wie eine Bundesstraße in Richtung Großstadt zieht sich das Fördersystem durch die Fabrik der Nolte Küchen GmbH & Co. KG in Melle. Insgesamt 50 Fließbänder bringen die fertig verpackten Schränke von der Produktion zum Versand, nach und nach werden sie zu einem Hauptförderband zusammengeführt.

An jeder Zuführungsstelle ordnen sich die Pakete nach komplexen Regeln auf das Hauptförderband ein – mit individuellen Geschwindigkeiten, Vorfahrtsrechten und Wartezeiten, die den Paketverkehr auf ähnliche Weise steuern wie Ampeln und Verkehrsschilder den Straßenverkehr. Auf dem Hauptförderband ist sogar ein Sicherheitsabstand vorgegeben. Je näher die Pakete dem Ziel kommen, desto voller wird das Hauptförderband – und gelegentlich kommt es zu Staus oder stockendem Verkehr.

Damit der Warenstrom gleichmäßiger fließt, will das Unternehmen die Regeln an den Zuführungsstellen optimieren. Allerdings ist das System so komplex, dass sich kaum voraussehen lässt, wie sich einzelne Änderungen auswirken. Wird die Geschwindigkeit eines der 50 Förderbänder verändert, laufen die Pakete möglicherweise gleichmäßiger durch – oder sie geraten erst recht ins Stocken. Auch Änderungen an Vorfahrtsregeln oder Wartezeiten können sich sowohl positiv als auch negativ auf die Effizienz des Gesamtsystems auswirken.

Optimierungsversuche im laufenden Fabrikbetrieb sind zu riskant. Deshalb hat Nolte Küchen das IPH mit einer Materialflusssimulation beauftragt.

Materialflusssimulationen können komplexe Systeme nachbilden…

Materialflusssimulationen sind die ideale Spielwiese, um in geschützter Umgebung auszuprobieren, wie sich Änderungen in einem komplexen Logistiksystem auswirken. Dafür muss zunächst ein Simulationsmodell geschaffen werden, das die Realität ausreichend genau nachbildet. Die IPH-Ingenieur:innen nutzen dafür die Software Plant Simulation. Hier haben sie zunächst das Layout der Förderbänder eingezeichnet und anschließend das komplexe Regelwerk implementiert: An welcher Zuführungsstelle dürfen die Pakete mit welcher Geschwindigkeit und welchem Mindestabstand aufs Hauptband fahren?

Als Grundlage für die Simulation stellte Nolte Küchen die Produktionsdaten einer ganzen Woche zur Verfügung. In der Fabrik in Melle laufen pro Woche etwa 50.000 Pakete über das Band. Die IPH-Ingenieur:innen erhielten unter anderem die Paketnummern sowie die Zuführungsstellen und die Uhrzeiten, an denen die einzelnen Pakete auf das Band gelangten. Damit simulierten sie den Materialfluss der gesamten Woche. Um das Modell zu verifizieren, verglichen sie die Ankunftszeiten der einzelnen Pakete aus der Simulation mit den realen Ankunftszeiten.

… und vorhersagen, wie sich Änderungen auswirken

Sobald eine Materialflusssimulation den Ist-Zustand genau genug abbildet, kann man davon ausgehen, dass sich damit auch korrekte Zukunftsprognosen treffen lassen – also dass sich Änderungen in der Simulation ebenso auswirken wie in der Realität.

Im Zeitraffer und ohne in die laufende Produktion einzugreifen lässt sich dann einfach ausprobieren, wie sich veränderte Vorfahrtsregeln, Geschwindigkeiten oder Wartezeiten auf das Gesamtsystem auswirken – und ob sich damit beispielsweise der Durchsatz steigern oder die Transportzeit der einzelnen Pakete verkürzen lässt. Jene Änderungen, die in der Simulation die Effizienz steigern, kann Nolte Küchen anschließend auch in der Realität umsetzen.

Pressemitteilung des IPH vom 23.06.2023.