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Geht nach 30 Jahren erfolgreichen Wirkens für das TITK Rudolstadt in den Ruhestand: Dr. Frank Meister (r.) mit seinem Nachfolger Philipp Köhler. Bildquelle: TITK / Steffen Beikirch

Die größte Abteilung des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff-Forschung Rudolstadt (TITK) hat seit diesem Monat einen neuen Chef. Zum 30. April 2023 verabschiedete sich Dr. Frank Meister in den wohlverdienten Ruhestand. Sein bisheriger Stellvertreter Philipp Köhler übernimmt nun den Bereich Native Polymere und Chemische Forschung – und damit ein fast 60-köpfiges Team aus Wissenschaftlern, Technikern und Laboranten.

Mit den besten Wünschen für die Zukunft verabschiedete der geschäftsführende Direktor des TITK, Benjamin Redlingshöfer, den Abteilungsleiter. „Dr. Frank Meister hat in seiner langen und bemerkenswerten Laufbahn maßgeblich dazu beigetragen, dass die TITK-Gruppe heute so solide aufgestellt ist und gerade durch die Celluloseforschung weltweit eine hohe Anerkennung als kompetenter und vertrauenswürdiger Forschungspartner genießt. Mit Philipp Köhler setzt nun eine überzeugende und noch dazu sehr sympathische Führungspersönlichkeit die erfolgreiche Arbeit dieser wichtigen Abteilung fort.“

Fast auf den Tag genau 30 Jahre wirkte Dr. Frank Meister am größten wirtschaftsnahen Forschungsinstitut Thüringens. Als promovierter Polymerchemiker war er zum 1. Juni 1993 von der zentralen Forschung der Leuna-Werke nach Rudolstadt gewechselt. Den Umzug von Sachsen-Anhalt nach Thüringen und seinen Einstieg als Projektleiter am TITK nennt er noch heute einen „Perfect Match“.
Sein erstes Arbeitsfeld wurde die chemische Modifizierung von Cellulose, um sie direkt, ohne jedes Lösungsmittel verformbar zu machen. Schon damals hatte das Institut allerdings damit begonnen, die Grundlagen für ein Direktlöseverfahren – das Alleinstellungsmerkmal des TITK – zu legen. In der Folgezeit setzte sich dieser eigenständig entwickelte Prozess zur Direktauflösung und Trocken-Nass-Verformung von Cellulose durch. Die daraus erhaltenen Spezialfasern konnten in den kommerziellen Maßstab überführt werden.

Bereits nach drei Jahren wurde Frank Meister stellvertretender Abteilungsleiter, 2001 dann Chef der Chemischen Forschung am TITK. Wichtige Meilensteine seiner Karriere? Da erinnert sich der 65-Jährige zum einen natürlich auch an mehr als 50 wissenschaftliche Publikationen, über 30 Patente und mindestens 100 Fachvorträge im In- und Ausland. Zum anderen durfte er immerhin drei geschäftsführende TITK-Direktoren erleben und relativ früh einen großen Exklusiv-Auftrag der damaligen Wolff Walsrode AG bearbeiten. „Hier ging es darum, Cellulose so zu aktivieren, dass man sie auch für die chemische Derivatisierung einsetzen kann“, erzählt Meister.

Für das Vorankommen des Instituts war die Mitwirkung am Wachstumskern „ALCERU-Hightech“ rund um das patentierte Verfahren zur Herstellung von Cellulose-Funktionsfasern von enormer Bedeutung. Die neue Methode zur Direkteinarbeitung unverträglicher flüssiger oder schmelzbarer Substanzen in eine Cellulosefaser brachte dem TITK dann 2008 auch den Thüringer Forschungspreis.
Mit Stolz blickt Meister auf die Eröffnung des Hugo-Richard-Küttner-Technikums, mit dem das TITK im Jahr 2011 die Möglichkeit erhielt, alle wesentlichen Technologieschritte der Direktauflösung und Trocken-Nass-Verformung von Polymeren in einem gemeinsamen Versuchsfeld zu realisieren. Die neuen Rahmenbedingungen trugen viele Früchte. Sie mündeten in etliche Forschungsaufträge und mehrfache Wünsche nach Technologietransfer – etwa für eine Demonstrationsanlage in Finnland.

Das „letzte Highlight“ war für Meister Lyohemp® – die erste Lyocellfaser aus 100 Prozent nicht holzbasiertem Zellstoff. Diese Neuentwicklung auf Grundlage von bis dato ungenutzten Hanf-Reststoffen steht beispielhaft für einen ewig aktuellen Forschungsschwerpunkt am TITK: die Verwendung von alternativen Rohstoffen und Recycling-Materialien.
Nach nunmehr 22 Jahren als Abteilungsleiter geht Meister ruhigen Gewissens: „Die Felder sind gut bestellt. Und man muss loslassen können.“ Er nimmt für sich in Anspruch, „immer nur Erster unter Gleichen“ gewesen zu sein: „Ein funktionierendes Team ist immer das Entscheidende. Und dass man sich in Netzwerken engagiert – national wie international.“ Genau dies gibt er seinem Nachfolger mit auf den Weg.
Bereits seit knapp drei Jahren hat er Philipp Köhler Schritt für Schritt auf diese Aufgabe vorbereitet. „Er ist ein exzellenter Wissenschaftler mit sehr genauen Vorstellungen von seiner eigenen Entwicklung. Und er ist mit einer hohen sozialen Kompetenz ausgestattet“, begründet Meister seine Wahl. Philipp Köhler, mit 33 Jahren nun einer der jüngsten Abteilungsleiter, die das TITK je hatte, ist sehr dankbar für diese Chance und auch für die Art und Weise, wie er an seine neue Position herangeführt wurde.

Dass es darauf ankommt, nicht nur im Hier und Jetzt zu leben, sondern den Blick schon voraus zu richten, ist ein Prinzip, das er unbedingt beibehalten will. „Denn auch nachwachsende Rohstoffe wie Holz sind nur begrenzt verfügbar. Deshalb müssen wir uns schon heute Gedanken machen, was danach als Faserrohstoff dienen könnte.“ Zum Beispiel Proteine oder Bakterien-Zellulose, sagt Köhler. „Da, wo andere suchen, müssen wir schon Lösungen durchdacht und industrietaugliche, anwendbare Prozesse parat haben, die noch dazu nachhaltig und ressourceneffizient sind.“

Der gebürtige Saalfelder war im September 2014 ans TITK gekommen – direkt nach dem Studium der Werkstofftechnik an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Mit dem „Master of Engineering“ in der Tasche hatte seine Initiativbewerbung auf Anhieb Erfolg. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter übernahm er bestehende Projekte und half unter anderem mit, die vorhandenen Produkte mit Funktionsfasern weiter zu verbessern. Aktuell schreibt er bei Professor Chokri Cherif an der TU Dresden seine Doktor-Arbeit. Auch darin geht es übrigens um alternative Materialien für die Faserherstellung.

Pressemitteilung des TITK vom 03.05.2023.