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Logo von INNOVENT. Bildquelle: INNOVENT

Magnetische Kristallschichten ermöglichen die Entwicklung für den Computer von Morgen. Der Einsatz moderner elektronischer Schaltkreise für immer leistungsfähigere Rechentechnik und mobile Endgeräte stößt durch die zunehmende Miniaturisierung in der Halbleiterelektronik an seine physikalischen Grenzen, da sich die verwendeten Nanostrukturen durch den elektrischen Stromfluss stark aufheizen. Diesem Problem könnte durch innovative Konzepte unter Nutzung von maßgeschneiderten Spinwellen anstelle bewegter elektrischer Ladungen begegnet werden.

Jenaer Materialwissenschaftler aus dem Forschungsinstitut INNOVENT e.V. liefern das Basismaterial für „Nature“ –Artikel

Aufgrund der somit wegfallenden Reibungsverluste würde diese zu einer deutlichen Reduzierung der Wärmeentwicklung in den Bauelementen führen. Weltweit werden geeignete Materialien und Bauelementstrukturen für die Informationsverarbeitung von Morgen entwickelt und getestet. Hier engagieren sich auch Materialwissenschaftler von INNOVENT und entwickeln nanometerdünne epitaktische Schichten, die als Basismaterial für Spinwellen-Baulemente eingesetzt werden können.

Die physikalischen Konzepte und Experimente, die in den aktuellen „Nature“-Artikeln beschrieben werden, wurden von renommierten Wissenschaftlern verschiedener Universitäten geplant und durchgeführt. Beteiligte Einrichtungen sind z.B. die Technische Universität Kaiserslautern, die Universität Wien, die Universität von Colorado (USA), die Oakland Universität (USA) sowie die Eidgenössische Polytechnische Hochschule Lausanne (Schweiz). Das Material jedoch, dass diese für die Umsetzung ihrer Ideen einsetzten, stammt von INNOVENT aus Jena, was zu einer Koautorenschaft in den genannten Artikeln führte. Es handelt sich hierbei um nanometerdünne Seltenerd-Eisengranat-Schichten (siehe Abbildung). Diese werden mittels einer speziellen  Beschichtungstechnologie – der Flüssigphasenepitaxie – hergestellt. Die hohe kristalline und magnetische Perfektion der besagten Schichten definiert bzw. übertrifft den aktuellen Stand der Technik.

Spezielle Materialkombinationen sorgen für überraschende Ergebnisse

Auf Basis dieser Schichten und darauf aufgebrachter Nano- bzw. Mikrostrukturen war es möglich, grundlegende physikalische Effekte zu demonstrieren bzw. zu untersuchen, sowie Prototypen neuartiger Mikrowellenbauelemente zu entwickeln. In dem kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „NATURE NANOTECHNOLOGY“ erschienen Artikel „Bose-Einstein condensation of quasiparticles by rapid cooling“ konnte gezeigt werden, dass eine Bose-Einstein-Kondensation nicht nur bei extrem niedrigen Temperaturen nahe des absoluten Nullpunktes sondern auch bei Raumtemperatur und ohne die Injektion von zusätzlichen Teilchen realisiert werden kann. Hierzu bedarf es einer geeigneten Materialkombination unter Einsatz perfekter Eisengranat-Schichten, einer einfachen Nanostruktur und einer geeigneten Induktionstechnologie. In einem weiteren Beitrag in der Fachzeitschrift „NATURE COMMUNICATIONS“ konnte demonstriert werden, dass es mit konventionellen, Mikrowellenantennen möglich ist, Spinwellen mit Wellenlängen im Nanometerbereich zu erzeugen. Das war bisher nur mit speziellen Anregungstechniken oder Arrays von periodisch angeordneten Nanostreifen möglich. Auch hier war eine geeignete Materialkombination aus perfekter Epitaxieschicht und modifizierter Antennenstruktur der ausschlaggebende Faktor um zu demonstrieren, dass technisch realisierbare Wellenlängenkonverter für Spinwellen schon heute herstellbar sind. Richtkopplerstrukturen, die kürzlich von der TU Kaiserslautern entwickelt wurden, sind weitere intelligente Mikrowellenbauelemente. Diese könnten eine Vielzahl von herkömmlichen Transistoren in der Halbleitertechnologie ersetzen, da wesentlich weniger Bauelemente pro Rechenoperation benötigt werden. Ein hierzu vorab publiziertes Manuskript demonstriert einen voll funktionstüchtigen nanoskaligen Spinwellen-Richtkoppler auf Basis von Eisengranat-Schichten, der primär für Anwendungen mit niedrigem Energieverbrauch einsetzbar ist. Das eröffnet neue Wege für integrierte magnetische Schaltkreise, mit denen Daten ohne Nutzung von elektrischen Strömen prozessierbar sind.

Pressemitteilung von INNOVENT vom 05.06.2020.