Vereinfachte Darstellung des Prägeprozesses am Beispiel von Kleinabformungen. Bildquelle: INNOVENT

Das Nachahmen der Natur ist ein Erfolgsrezept. Man denke an den Lotusblumen-Effekt, der das Abperlen von Wasser an Blättern beschreibt und den der Mensch bei der Produktion von Lacken, Geschirr oder Badewannen imitiert. Doch auch weniger beliebte Lebenswesen besitzen kostbare Eigenschaften, von denen sich das Abgucken lohnt - z.B. die Augen von Motten. Die einzigartige Struktur auf der Oberfläche der Mottenaugen sorgt dafür, dass einfallendes Licht nicht reflektiert wird. So schützen sich die kleinen Nachtfalter vor Fressfeinden.

In der Industrie hat man sich das Prinzip der Oberflächenstrukturierung dieser Augen abgeschaut. Der sogenannte Mottenaugen-Effekt kommt bei der Entspiegelung von Displays zum Einsatz.

Gemeinsam hat das Jenaer Forschungsinstitut INNOVENT mit dem Unternehmen temicon GmbH nun an der Weiterentwicklung des Mottenaugen-Effektes gearbeitet, um Produkte zu verbessern und um neue Anwendungsgebiete zu erschließen. UV-härtende Lacke nutzt temicon schon bislang zur Herstellung verschiedener strukturierter Produkte z.B. LEDs, Solarstromanlagen oder Displays. Jetzt ging es in der Kooperation mit INNOVENT darum, durch das Einbringen anorganischer Komponenten wie z.B. Siliciumoxid-Partikel in die bis dahin rein organischen Schichten eigene, charakteristische Eigenschaften zu erzielen. Im Fokus standen insbesondere die Härte und die Kratzbeständigkeit des aufgebrachten Materials, was gerade für Displays, z.B. auf Mobiltelefonen, ein wichtiger Faktor ist.

Masterfilm mit Struktur für Mottenaugen-Effekt
Die Forschenden arbeiteten für die Produktion der nicht reflektierenden Schichten mit einer Art Druckverfahren im Rolle-zu-Rolle-Prozess, bei dem gerollte Bahnware abgerollt, dann behandelt und am Ende wieder aufgerollt wird. Das ist Platz sparend und im Vergleich zu anderen Methoden können große Mengen Material in einem Durchgang behandelt werden.

Strukturen werden in Lackschicht geprägt
Die eingesetzten Materialien werden zuerst auf das zu bearbeitende Werkstück aufgetragen. Mit einem sogenannten Masterfilm, z.B. einer speziell strukturierten Folie, wurden die Strukturen dann in die Lackschicht geprägt. Zum Schluss wurde die Lack-Schicht mit UV-Licht gehärtet (siehe Grafik). Am Ende erhielten die Forschenden Werkstücke mit Mottenaugen-Effekt. Anders als die Nachtfalter sind sie auch geeignet bei Sonnenschein, so fürs Browsen durchs Internet, aufgrund der sehr guten Antireflexeigenschaften.

„Die im Rahmen der Kooperation entwickelten Imprintmaterialien zeichnen sich durch eine sehr gute Ausfüllung der Strukturen, ein gutes Trennverhalten vom Masterfilm und eine gute Substrathaftung aus. INNOVENT verfolgt gemeinsam mit temicon das Ziel, durch eine weitere Anpassung der Imprintmaterialien insbesondere die Kratzbeständigkeit der hergestellten Mottenaugenfolien kontinuierlich zu verbessern“, erklärt INNOVENT-Geschäftsführer Dr. Bernd Grünler. 

Stand: Juli 2020