Das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin. Bildquelle: Zuse-Gemeinschaft/Alexander Knebel

Nicht nur der  Blick nach vorne, auch der Rückblick kann in Krisenzeiten Wege weisen.Das zeigte sich bei der jüngsten Präsentation des Bundesberichts Forschung und Innovation.

Wenn die Zeiten schwierig sind, verbindet man die Bestandsaufnahme gern mit dem Blick nach vorn. Das war auch vergangene Woche bei der Vorlage des alle zwei Jahre erscheinenden Bundesberichts Forschung und Innovation so.  Bundesministerin Anja Karliczek zeigte sich bei der Präsentation der knapp 500 Seiten zuversichtlich, dass Deutschland stärker aus der Krise rauskomme als es hineingeraten sei. Optimistisch stimmt die Ministerin Deutschlands führende Position in internationalen Rankings ebenso wie der steigende Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) am Bruttoinlandsprodukt, der zuletzt auf 3,1 Prozent geklettert ist.

Zurückzuführen ist die Steigerung vor allem auf das Engagement von Unternehmen sowie auf Zuwächse bei der institutionellen FuE-Förderung. So hat sich der Anteil der großen Forschungsverbünde an den FuE-Ausgaben des Bundes mittlerweile auf knapp 10 Mrd. Euro oder 55 Prozent der Ausgaben erhöht.

Die gemeinnützige Industrieforschung kann von Langfrist-Zuwächsen wie sie im Pakt für Forschung und Innovation niedergelegt sind, nur träumen. Sie wird in dem neuen Bundesbericht mit Blick auf das deutsche Forschungs- und Innovationssystem gestreift. Immerhin wird ihr eine „wichtige Schnittstellenfunktion zwischen Wissenschaft und der mittelständisch geprägten Wirtschaft in der vorwettbewerblichen Forschung“ zugesprochen.

Bei so manchen ihrer Projekte kooperieren Institute der Zuse-Gemeinschaft nicht nur mit Mittelständlern, sondern auch mit Großunternehmen, z.B. in der Automobilindustrie. Gerade in erfolgreichen Branchen, die die aktuelle Krise hart trifft, könnten FuE-Pläne nun aber bedroht sein. Hinzu kommt: Schon vor Corona waren FuE in Teilen der deutschen Wirtschaft unter Druck. Erinnert sei an das Allzeit-Tief bei der Innovatorenquote im Mittelstand mit einem  Fall auf 19 Prozent, den die KfW im Februar diagnostiziert hatte.

3 Prozent - hie und da
So droht sich eine Kluft in der Innovationslandschaft aufzutun, nicht nur durch eine  zunehmende Konzentration von FuE bei Großunternehmen. Eine Kluft droht auch in der Förderpolitik des Bundes zwischen institutioneller Förderung einerseits und Unterstützung für privatwirtschaftliche Initiativen andererseits. Sinnbildlich mögen dafür folgende 2x3 Prozent stehen: Während im Pakt für Forschung und Innovation ein jährlicher Aufwuchs der Budgets von 3 Prozent für die großen Forschungsverbünde vereinbart wurde, mögen sich kleinere Player aktuell fragen, ob sie einen KfW-Corona-Kredit aufnehmen könnten. Rückzahlbar mit einem Zinssatz von 3 Prozent.

Für 2025 hat sich die Bundesregierung bekanntlich ein 3,5-Prozent-Ziel gesetzt, für den FuE-Anteil am BIP.  Wie es mit den FuE-Ausgaben der Unternehmen künftig aussehen wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Ministerin setzt auf die zum Jahreswechsel in Kraft getretene steuerliche Forschungsförderung. Diese hat nun in Krisenzeiten ihre Premiere. Den Wachstumstrend beim FuE-Anteil werde die steuerliche Forschungsförderung verstärken, „wenn die Pandemie unter Kontrolle ist“, sagte Karliczek.

Nicht nur der  Blick nach vorne, auch der Rückblick kann in Krisenzeiten Wege weisen. Als die Ministerin den traditionsreichen Bundesbericht 2018 erstmals vorlegte, hatte sie gemahnt: „Wir brauchen mehr Tempo bei der Anwendung.“ Helfen kann hier - damals wie heute - die gemeinnützige Industrieforschung mit ihrem verlässlichen, oft schnellen und erfolgreichen Forschungstransfer. Wenn sie mit ihrer „wichtigen Schnittstellenfunktion“ zum Zuge kommt.

Alexander Knebel, Pressesprecher

Dieser Beitrag erschien in den ZUSE TRANSFERNEWS vom 19. Mai 2020.