Die Gründungskommission hat mit ihrem Empfehlungspapier „Transferexzellenz als Mission“ für die im Aufbau befindliche Transferagentur DATI erstmals konkrete Vorschläge unterbreitet, wie Struktur und Arbeitsabläufe gestaltet werden sollten, um den Ideen-, Wissens und Technologietransfer deutschlandweit zu verbessern. Das jüngst veröffentlichte Papier zeugt von tiefem Verständnis des Forschungs- und Innovationsgeschehens und vermittelt eine erstrebenswerte Vision zur DATI.

Die Zuse-Gemeinschaft und die Landesforschungsgemeinschaften aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen begrüßen ausdrücklich die darin aufgezeigten Prinzipien und Handlungsfelder.


Die 4 Prinzipien


Die Produktivität von Unternehmen und die Lebensqualität der BürgerInnen zielgerichteter, effizienter und nachhaltiger zu verbessern, das ist Transferexzellenz, die die DATI als Mission verfolgt. Vom Problem her gedacht (bottom-up), sollen pragmatische und zügige Lösungen entstehen. Uneingeschränkte Themen- und Akteursoffenheit befördern einen fairen Wettbewerb um das „Beste“. DATI soll ihre Förderkriterien, -ziele, Struktur und Prozesse flexibel, schnell und unabhängig anpassen dürfen, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Das Eingehen von Risiken ist in Abhängigkeit vom Nutzen und Ertragsmöglichkeiten erwünscht.

Diese Prinzipien sind außerhalb der DATI bereits gelebte Praxis: Die anwendungsnahen Forschungsinstitute haben sich der verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Unterstützung sozialer Innovationen verschrieben und folgen dieser Mission der Transferexzellenz.  Die praktische Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Industrie und Gesellschaft ist ihre originäre Aufgabe, die sie im kontinuierlichen Feedback mit den Anwendern leisten. Die Institute stehen für Themen- und Technologieoffenheit, wie sie jüngst auch Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger in einem Impulspapier gefordert hat. Hier setzt die Gründungskommission mit ihren Empfehlungen an der richtigen Stelle an.


Handlungsfelder


Unternehmerische Führung und Kultur

DATI ist eine Dienstleistungsagentur zur größtmöglichen Unterstützung von Fördernehmern, die sich auf ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren sollen. Das DATI-Personal und die Struktur sind auf unternehmerisches und chancenorientiertes Handeln ausgerichtet.

Ebenso ausgerichtet arbeiten auch die anwendungsnahen Forschungsinstitute: Forschen und Lernen für neues Wissen, Fehler als Ansporn für Verbesserungen, Verantwortung übernehmen und dabei maximalen Mehrwert für die Zielgruppen generieren. Das ist gelebte, anwendungsorientierte, gemeinnützige Transferforschung.

Wirksame Governance

Die Führung der DATI soll schlank, transparent, agil und schnell sein. Im Aufsichts- und Förderrat sollen VertreterInnen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ihre Kompetenzen bündeln. Externe ExpertInnen, besonders solche mit Transfererfahrung, sollen den Förderrat und die Auswahlgremien erweitern. Eine Fachaufsicht soll so minimal wie notwendig ausfallen. Durch eine Befreiung vom Besserstellungsverbot soll DATI wettbewerbsfähige Gehälter zahlen dürfen und besondere Talente anziehen. Eine teilweise Selbstbewirtschaftung der Mittel auch über Haushaltsjahre hinweg soll zusätzliche Freiheiten geben.

Im Sinne eines effektiveren Transfergeschehens ist die paritätische Beteiligung von Wirtschaft und Wissenschaft zu begrüßen. Die Einflussnahme der öffentlichen Hand sollte zur Stärkung einer unabhängigen Forschung so gering wie möglich ausfallen. Auch die anwendungsnahen Forschungsinstitute fordern seit langem mehr Freiheiten, beispielsweise beim Besserstellungsverbot, um effizienter arbeiten zu können. Das Credo kann daher nur sein, weniger Regulierung und mehr Vertrauen in die Forschenden zu erreichen. Zudem ist es wesentlich, in allen Gremien der DATI die außeruniversitären gemeinnützigen Forschungseinrichtungen gleichberechtigt zu beteiligen. Dass dies in der Vergangenheit (z.B. Gründungskommission, Jury für Innovationscommunities) nicht passiert ist, hat zu massiven Zweifeln an der Transparenz und der Glaubwürdigkeit der DATI beigetragen.

Attraktive Formate

Das Portfolio der Agentur soll neben schnellen, niederschwelligen Angeboten auch aufwändige, hoch ausgestattete Förderungen bieten und sich außerhalb bekannter Denkmuster bewegen. Die passgenaue Zusammenführung von Partnern wird besonders bei der Förderung von Transfer- und Innovationsökosystemen eine Rolle spielen.

Die anwendungsnahen Forschungsinstitute sind bereits heute exzellent in ihren Zielgruppen im Mittelstand, in Kommunen, in der Politik und in der Zivilgesellschaft vernetzt und damit prädestinierte Partner in zukünftigen Innovationscommunities – auch als federführende Organisationen. Entlang relevanter Problemstellungen gedacht, schlagen sie eine Brücke von der Grundlagen- und akademischen Forschung in die praktische Anwendung und können daher Transferaktivitäten beschleunigen und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen vergrößern.

Angemessene Förderkriterien und Auswahlverfahren

DATI zielt auf Anwendungsnutzen und proklamiert Akteursoffenheit. Begutachtungsverfahren sollen schlank, neuartig und von Peer-Review-Standards abweichend sein. Schnelligkeit und Flexibilität ohne Stichtagsprinzip sind gepaart mit digitalisierten Verfahren, vereinfachter Mittelverwaltung durch DATI selbst und flexiblerer Mittelverwendung beim Geförderten nach anfänglicher, genauer Prüfung.

Diese Zielsetzungen sind im Sinne der anwendungsnahen Forschungsinstitute und sollten so konsequent wie möglich umgesetzt werden. Die bisherigen DATI-Pilotförderungen des BMBF erfüllen diese Visionen jedoch nur eingeschränkt, da sie beispielsweise statt einer gleichberechtigten Beteiligung aller Innovationsakteure stark zugunsten der Hochschulen für angewandte Wissenschaften verzerrt handeln. Transparenz und Neutralität wären wünschenswert gewesen, um allen AntragstellerInnen das Gefühl von Fairness und Verlässlichkeit zu vermitteln. Hierzu sollten die Auswahlkriterien offengelegt, Jurys unter Beteiligung aller Gruppen gleichwertig besetzt und nicht Einzelne, wie beispielsweise die Bund-Länder geförderten Forschungsinstitute, durch besondere Förderbedingungen bevorteilt werden.

DATI als Komplement

Bestehende Strukturen und Akteure des Transfer- und Innovationssystems sollen mit DATI zusammenarbeiten und sich so ergänzen. Durch den Aufbau strategischer Partnerschaften mit international vergleichbaren Agenturen sollen Trends, Impulse und Beispiele guter Praxis die eigenen Arbeiten inspirieren.

Deutschland hat ein gut ausdifferenziertes Fördersystem, in dem über Partner, wie beispielsweise die privatwirtschaftlich organisierten, gemeinnützigen und anwendungsnahen Forschungsinstitute, viel Transfer von Wissen und Technologien in den Mittelstand stattfindet. Lücken in diesem System zu identifizieren und zu schließen, ist zu begrüßen.


Zusammenfassende Bewertung und Handlungsempfehlungen


Die DATI könnte, aus dem bürokratischen Denken der Verwaltungsebene befreit und nach den Empfehlungen der Gründungskommission ausgerichtet, ein deutlicher Booster für das Transfergeschehen in Deutschland sein. Die Empfehlungen der Gründungskommission sind zu begrüßen und sollten vom BMBF umgesetzt werden. Mit Blick auf die Pilotlinie sprechen wir ergänzend folgende Empfehlungen aus:

  • Es fehlt an echter Akteursoffenheit. Diese sollte der Leitgedanke der DATI-Förderungen und der DATI-Struktur sein. Die Gründungskommission empfiehlt, dass mindestens 25 Prozent der Mitglieder des Förderrats aus den Reihen von HAWs berufen werden sollen. Eine feste Quotierung für Einzelne steht jedoch im Widerspruch zu der geforderten Akteursoffenheit und sollte keine Berücksichtigung finden.

  • Für den Aufbau der Innovationsökosysteme sollte insbesondere die bereits existierende Transferforschung Berücksichtigung finden. Die privatwirtschaftlich organisierten, gemeinnützigen Forschungsinstitute haben mit ihren etablierten Netzwerken, ihrer Anwendungsnähe und ihren spezifischen Kompetenzen hierin langjährige Erfahrung und Expertise.

  • Die bisherigen Auswahlgremien und -kriterien der DATI-Pilotlinien sind Black-Boxes und lassen die notwendige Transparenz vermissen. Gremien und Jurys sollten mit allen relevanten Akteursgruppen besetzt werden und nicht einseitig verzerrt agieren. Um nicht Massen an kreativen Ideen zu vergeuden, sollten Projektvorschläge nach festgelegten, transparenten Kriterien ausgesucht und gefördert werden.

  • Damit Kreativität nicht in Frustration umschlägt, sollten Auswahlkriterien und Förderbedingungen für alle Akteure im Innovationssystem gleich sein. Dies ist aktuell nicht der Fall und sollte bei der DATI nicht wiederholt werden. Eine Zementierung der Ungleichbehandlung (z.B. durch andere Abrechnungsmodalitäten für die Bund-Länder geförderten Forschungsinstitute) schädigt die Innovationkraft in Deutschland.


Zu den Verfassern: Dieses Papier enthält die gemeinsame Position der 84 Institute, die in der bundeweiten Zuse-Gemeinschaft organisiert sind, und der 57 Institute, die den Landesforschungsgemeinschaften JRF (Nordrhein-Westfalen, 16 Institute), innBW (Baden-Württemberg, 12 Institute), SIG (Sachsen, 19 Institute) und FTVT (Thüringen, 10 Institute) angehören. Diese Institute forschen mit rund 8.000 Beschäftigten praxisorientiert, anwendungs- und branchennah und bilden eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

Im Gegensatz zu den vier gemeinsam von Bund und Ländern geförderten Forschungsgesellschaften fokussieren sich diese Transferinstitute auf die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung für KMU und sind in Deutschland der wichtigste Forschungspartner des Mittelstands. Unsere Institute übersetzen als praxisnahe und kreative Ideengeber des deutschen Mittelstands seit Jahrzehnten erfolgreich die Erkenntnisse der Wissenschaft in anwendbare Technologien. Durch diesen Transfer bereiten sie den Boden für Innovationen, die den deutschen Mittelstand weltweit erfolgreich machen. Jährlich 50.000 Kooperationen mit rund 15.000 Unternehmen belegen dies eindrücklich. Viele unserer Mitgliedsinstitute sind stark in regionale Cluster z.B. mit den IHKs, den Kommunen und ihren Versorgungsunternehmen sowie mit lokalen mittelständischen Unternehmen eingebunden und arbeiten eng mit den lokalen Hochschulen zusammen, z.B. über gemeinsame Forschungsprojekte.


Das Positionspapier steht hier zum Download bereit.