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Methodenentwicklung zur Zulassung innovativer Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika steht im Fokus des MDR/IVDR-Kompetenzzentrums am NMI. Bildquelle: NMI

Von der ersten Idee über die Entwicklung, Zulassung, den Einsatz in der Klinik bis hin zum Lebensende des Produkts – mit dem jüngst bewilligten MDR- & IVDR-Kompetenzzentrum kann das NMI Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut in Reutlingen Unternehmen künftig über den gesamten Lebenszyklus eines Medizinprodukts hinweg unterstützen. Zurückgreifen kann das Forschungsinstitut dabei auf seine langjährige Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Medizintechnik-Firmen sowie gemeinsamen Projekten zur Entwicklung zulassungsfähiger Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika.

Neue Medizinprodukteverordnung fordert Unternehmen heraus

Mit Inkrafttreten der neuen Medizinprodukteverordnung (MDR) sollen Medizinprodukte für die Anwenderinnen und Anwender sicherer werden. Für viele Unternehmen bedeuten die neuen Regularien jedoch eine große Herausforderung. Die Medizintechnik ist eine hoch innovative Branche und die neue Verordnung bedeutet einen hohen Aufwand, der vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kaum zu leisten ist.  „Um hier zu unterstützen, wird für die Firmen eine Anlaufstelle geschaffen – das MDR- & IVDR-Kompetenzzentrum, welches dezentral die Kompetenzen des NMI in Reutlingen, von Hahn-Schickard in Freiburg, und der BIOPRO GmbH in Stuttgart bündelt und zugänglich macht,“ erklärt Prof. Dr. Katja Schenke-Layland, Direktorin und Stiftungsvorstand des NMI. Während die BIOPRO vor allem Management und Kommunikationsaufgaben übernimmt, unterstützen NMI und Hahn-Schickard Unternehmen über den gesamten Produktlebenszyklus von innovativen Medizinprodukten (MD) und In-vitro-Diagnostika (IVD). „Wir sehen die Bedarfe in der Branche und koordinieren seit Anfang 2019 das MDR & IVDR Soforthilfeprogramm BW,“ so Prof. Dr. Ralf Kindervater, Geschäftsführer der BIOPRO. „Bei der Bearbeitung der vielfältigen Problemstellungen, die Unternehmen der Medizintechnik mit der MDR haben, ist uns schon früh aufgefallen, dass es Themen gibt, die sich nicht am Konferenztisch klären lassen. Die Lösung derartiger anwendungsbezogener Fragestellungen müssen im Laborumfeld durchgeführt werden. Hier bietet das Kompetenzzentrum am NMI eine optimale Plattform.“

Kompetenzzentrum als Anlaufstelle für KMU

Das Zentrum dient daher auch als Anlaufstelle zur Vermittlung benötigter Dienstleistungen. Gerade bei innovativen Produkten sind Prüfmethoden und -standards nicht vorhanden, die zur Einhaltung der neuen Richtlinie aber dringend benötigt werden. Die Entwicklung dieser Methoden und Standards ist eine zentrale Aufgabe des Zentrums. „Die Methodenentwicklung für und Prüfung von Medizinprodukten ist fest am NMI verankert,“ erklärt Dr. Hanna Hartmann, Leiterin des Bereichs Biomedizin und Materialwissenschaften am NMI, „weshalb unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits über einen großen Erfahrungsschatz bei der nachhaltigen Begleitung von KMU aus der Gesundheitsindustrie verfügen. Diese Kompetenzen können nun gebündelt und Unternehmen noch besser zugänglich gemacht werden.“ So haben die Forschenden den Bedarf, aber auch das Potenzial eines MDR- & IVDR-Kompetenzzentrums früh erkannt und bereits vergangenes Jahr Regulatory Affairs Manager ausbilden lassen. Denn gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie stark die Produktionsketten von globalen Zulieferern abhängen und lokale Produzenten gleichzeitig strengen Regeln unterliegen. Dies betrifft zum Beispiel branchenfremde Hersteller, die Produktionsstätten aufbauen oder umrüsten wollen. Ähnlich verhält es sich mit digitalisierten Anwendungen wie der Telemedizin und Gesundheits-Apps, die zunehmend an Relevanz gewinnen. Auch sie unterliegen regulatorischen Anforderungen. 

Erfahrungen teilen

Neue Medizinprodukte scheitern häufig bereits in der frühen Entwicklungsphase. Grund hierfür ist, dass Bedarf und Entwicklung oft nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Um die Entwicklung bedarfsgerechter zu gestalten, ist ein umfassendes Wissen über den Markt sowie die Zulassungsvoraussetzungen notwendig. Dr. Xin Xiong, Leiter der Gruppe Biofunktionalisierte Oberflächen, sieht den Vorteil des NMI in seiner interdisziplinären Ausrichtung: „Unser Ziel ist es, eine Brücke zwischen innovativer Wissenschaft und geltenden Regularien zu schlagen, die wir gemeinsam mit den Unternehmen überwinden können. Dies gelingt uns besonders gut, da wir nicht nur zertifizierte Regulatory Affairs Manager im Haus haben, sondern vor allem Forscher und Entwickler, die selbst mit diesen Herausforderungen konfrontiert sind.“ Neben Dr. Xiong unterstützt Dr. Dagmar Martin, Leiterin der Gruppe Grenzflächenanalytik im Produktionsprozess, Unternehmen bei der Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten, denn: „Unser oberstes Ziel ist es, die Produkte sicher und bedarfsgerecht zu entwickeln und die Unternehmen über den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu begleiten.“ Dazu gehört auch, nationale wie internationale Märkte inklusive geltender Regularien zu kennen.

Ermöglicht wird die Umsetzung des Projekts durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, welches das Kompetenzzentrum im Rahmen des Forum Gesundheitsstandort bis Ende 2022 mit insgesamt 3,4 Millionen Euro fördert (FKZ: 35-4223.10/22).

Pressemitteilung des NMI vom 17.03.2021.