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Bildquelle: Modellfabrik Papier

Es ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann: Das Verbundprojekt „Framework for Resource, Energy, Sustainability Treatment in Paper - FOREST” der Modellfabrik Papier präsentierte im Herbst ein umfassendes Update zum Projektstand. Projektträger, assoziierte Industriepartner und MFP-Gesellschafter erhielten Einblicke in die Weiterentwicklung des FOREST-Demonstrators.

Seit dem Projektstart im Jahr 2023 verfolgt FOREST das Ziel, ein Framework für vollumfassende digitale Zwillinge der Papierherstellung zu entwickeln. „Vollumfassend bedeutet, dass die gesamte Papierproduktion in den digitalen Zwilling einbezogen wird: von der Stoffaufbereitung über Energie-, Dampf- und Luftsysteme bis hin zur Aufrollung am Ende der Papiermaschine. Selbst Materialeigenschaften und Papierqualität fließen in das Modell ein“, erklärt Philip Kayser, MFP-Projektleiter die Bedeutung des Tools.

Erstmals entsteht ein digitales Abbild der kompletten Fertigung. Es macht den aktuellen Zustand virtuell sichtbar und zeigt Optimierungspotenziale auf. „Ein großer Vorteil besteht darin, dass damit neue Entwicklungen virtuell erprobt werden können – bevor sie in der Praxis umgesetzt werden“, so Kayser. Investitionen in effizienzsteigernde Umbauten, Technologien und Prozesstechnik sind mit hohen Kosten verbunden und ihre Auswirkungen sind schwer abschätzbar. Für den Weg zur energieeffizienten, klimaneutralen Produktion notwendige Maßnahmen zur Umrüstung von Anlagen werden so häufig ausgebremst.

Datenbasierte Grundlage für die Transformation der Branche

FOREST ermöglicht es, investive Maßnahmen und Optimierungen im Vorfeld realitätsnah technisch wie ökonomisch zu bewerten - bevor sie tatsächlich umgesetzt werden. „Wir schaffen damit die Grundlage für eine datenbasierte, nachhaltige Transformation der Branche,“ sagt Kayser.

FOREST erfüllt gleich mehrere Nutzen:

1. Transparenz schaffen: Durch die Visualisierung des Ist-Zustands können Effizienz- und Nachhaltigkeitspotenziale gezielt identifiziert und bewertet werden.

2. Innovation beschleunigen: Neue Technologien, Umbauten oder Forschungsansätze lassen sich im digitalen Zwilling vorab simulieren und bewerten, wodurch Entwicklungszeiten und Kosten reduziert werden.

3. Zukunft gestalten: Mit Hilfe von Szenarioanalysen können Strategien und neue Forschungsansätze identifiziert und entwickelt werden, um Energiebedarf, -kosten und CO₂-Emissionen nachhaltig zu senken.

Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand?

Seit Projektbeginn ist viel passiert. Das Team hat ein umfangreiches Portfolio an Teilprozess- und Materialmodellen aufgebaut. Im Hintergrund sorgen innovative Technologien wie die I4.0 Verwaltungsschale (Asset Administration Shell) und der Functional Mock-up Interfaces-Standard (FMI) sowie FMU-Orchestratoren, Cloud-Konnektoren und Dashboards für die technische Integration und Datenauswertung.

Beim jüngsten Zwischentreffen der Projektpartner wurden Neuerungen live vorgestellt:

· Live-CO2-Monitoring: Prozess- und Energiedaten werden im Sekundentakt aus der Cloud ausgelesen und in Sankey-Diagrammen für detaillierte Analysen verfügbar gemacht. So lässt sich im Detail nachvollziehen, wie viel Energie je Prozessschritt und Asset über die Zeit verbraucht wurde, und wie hoch die damit assoziierten CO2-Emissionen sind.

· Vollumfassende Prozesssimulationen: Über 30 Teilprozessmodelle wurden für eine Tissuemaschine fertiggestellt: von Wärmeübertragern und Gasbrennern über Pressenpartie und Yankee-Zylinder hin zu Materialvektoren mit rund 50 Stoffeigenschaften. Die ersten Modelle wurden in einer Gesamtsimulation gekoppelt, wodurch sich bereits unterschiedliche Fahrweisen der Tissue-Maschine simulieren und bewerten lassen.

· Bivalente Fahrweise hybrider Trocknungshauben: Ein zunehmend relevantes Thema der Papierherstellung sind energieflexible Systeme, mit denen sich der Energiebedarf an fluktuierende Energiepreise anpassen lässt. Mit dem digitalen Zwilling lassen sich unterschiedlicher Leistungsstufen von elektrischen Heizregistern einer hybriden Trockenhaube vorab ökonomisch Bewerten. Zudem können unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen berücksichtig werden, und der digitale Zwilling so die Gestaltung angepasster Regularien unterstützen.

Wie geht es weiter?

Der nächste Meilenstein für FOREST ist die Kalibrierung und Validierung der entwickelten Modelle, was bei der Vielzahl an Modellen eine zentrale Herausforderung bleibt. Sobald dieser Schritt abgeschlossen ist, eröffnen sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. Zum Beispiel:

· Bewertung neuer Pressenpartien

· Analyse des Einsatzes von Additiven zur Fasermodifikation

· Integration von Wärmepumpen und Optimierung der Prozessfenster

· Kontinuierliche Prozessoptimierung im Live-Betrieb

Blick nach vorn: Vom Forschungsergebnis zur industriellen Anwendung

Langfristig soll das FOREST-Framework nicht nur in Forschung und Entwicklung bleiben, sondern direkt in der Industrie Anwendung finden. „Wir wollen das Konzept auf weitere Anlagen und Maschinen übertragen und damit einen echten Mehrwert für Effizienz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit schaffen“, sagt Kayser.

FOREST zeigt schon jetzt eindrucksvoll, wie digitale Zwillinge die Transformation der Papierindustrie unterstützen können. Sie schaffen notwendigen Schub, um Unsicherheiten, die mit Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen verbunden sind, zu überwinden und ebnen den Weg zu einer klimaneutralen Zukunft.

Pressemitteilung der Modellfabrik Papier gGmbH vom 30.10.2025.