Eine Papierfabrik – früher entstand sie am Reißbrett, morgen in der Cloud. Bildquelle: Papiertechnische Stiftung

 Wie lassen sich Abläufe in der Industrie zum einen bei laufendem Betrieb verbessern und zum anderen von Grund auf neu denken, so dass Ressourcen geschont und Produkte innovativ entwickelt werden können? Dieser Frage stellen sich das Institut für Automation und Kommunikation (ifak) und die Papiertechnische Stiftung, zwei Forschungsinstitute der Zuse-Gemeinschaft, zusammen mit einem global agierenden Papierhersteller im Projekt Invite 4.0. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Die Herstellung von Papier als weltweit gehandeltem Gut speist sich je nach Endprodukt aus unter-schiedlichen Materialien. Diese verschiedenen Rohstoffquellen ebenso wie die Qualität der Produkte stehen im Zentrum des überregionalen Kooperationsprojekts Invite 4.0. In ihm entwickeln die Partner Lösungen für das möglichst effiziente Ineinandergreifen von Dienstleistungen für die industrielle Praxis.

Internet der Dinge – z.B. für die Papiersortierung
Vorrangige Aufgabe des ifak ist es dabei, eine Plattform für Computerprogramme zu entwickeln, die den Anforderungen der Papierbranche gerecht wird, gleichzeitig aber auf andere Branchen übertragbar ist. Exemplarischer Anwendungsfall ist die Papiersortierung. An diesem Glied in der Wertschöpfungskette werden die IT-Experten ansetzen und Lösungen entwickeln, die es Unter-nehmen der Anlagen- und Verfahrenstechnik sowie Firmen aus der Wertschöpfungskette Papier- und faserbasierte Materialien ermöglichen, Materialien und Produktionsprozesse, Geräte und Anlagen sowie Simulationsmodelle auf globalen Plattformen des Internets der Dinge (Internet of Things – IoT) zu entwickeln und zu betreiben.

Simulieren und planen
„Simulations- und Planungswerkzeuge für das IoT und dessen Rückkopplung in die reale Welt des verarbeitenden Gewerbes gibt es schon. Was aber noch fehlt, sind Möglichkeiten zum lückenlosen Datenaustausch. Diese Lücke wollen wir schließen“, erklärt Abteilungsleiter Matthias Riedl vom ifak. „Als Ingenieurwissenschaftler wissen wir dabei wie wichtig es ist, die Expertise zu Informationstechnologie, Automation und Anwendungsbranche zu verbinden. Die Projektpartnerschaft mit der PTS und den Anwendern bietet hierfür beste Voraussetzungen.“

Test und Bewertung schon vor dem Bau
Für Riedl und die Teams von ifak und PTS wird es in dem bis Mitte 2020 laufenden Projekt darum gehen, anhand der Papiersortierung möglichst viele Daten zu sammeln, diese in sinnvollen Zusammenhang zu bringen und für künftige Produktionsprozesse zu nutzen. Ihr wichtigster Bezugspunkt oder Asset ist ein Papiersensor, der Menge und Qualität des Altpapiers erfasst.

Übergeordnetes Ziel der Arbeit von PTS und ifak: Smarte Dienstleistungen für eine auf digitale Vernetzung gestützte Industrieproduktion definieren.

Denn Matthias Riedl und sein Team wollen ein „cyber-physisches Produktionssystem“ entwerfen. Ein zentraler Bestandteil dieses Systems ist die Simulation. Sie soll schon vor dem eigentlichen Bau einer Produktionsanlage eine auf Kundenbedürfnisse angepassten Prozesskette, deren Test und Bewertung ermöglichen. „Das Projektergebnis wird aus der Verknüpfung von Industrie 4.0-Komponenten auf einer Smart-Service-Plattform realisiert. Dreh- und Angelpunkt ist dabei das gegenseitige Verständnis der verschiedenen Software- und Hardwarekomponenten in der Produktion und deren Vorbereitung“, erwartet Riedl.

Im idealen Fall werden die in der Papierfabrik als Anwendungsfall gesammelten Erfahrungen für andere Unternehmen in der Branche passen und gleichzeitig auf andere Industrie- und Dienstleistungssektoren übertragbar sein.

Stand: Februar 2020