Mit dem Flugzeug apus i-5 will Rolls-Royce sein hybrid-elektrisches System im Flugbetrieb testen. Die Propeller sind elektrisch angetrieben, der Strom kommt aus einem hybrid-elektrischen System, also einer kleinen Gasturbine, die nur zur Stromerzeugung genutzt wird. Copyright: Rolls-Royce

Das Forschungsinstitut Access bringt zusammen mit Industriepartnern hybridelektrische Antriebe für Flugzeuge voran.

Komponenten für die Zukunft der Luftfahrt: Daran arbeitet das Forschungsinstitut Access zusammen mit Industriepartnern. Es geht nicht nur um die kleinen Stellschrauben, sondern um eine weit reichende Umstellung der Antriebe.

Der Klimagasausstoß des Verkehrssektors in Deutschland und weltweit wächst spürbar, auch durch den Beitrag der Luftfahrt. Für eine Trendumkehr sind neben neuen Verhaltensmustern der Menschen technische Innovationen entscheidend. Ein zentraler Beitrag für eine Senkung der Klimagasemissionen des Verkehrssektors: Der Ersatz flüssiger, fossiler Energieträger durch grünen Strom in immer mehr Komponenten und Antrieben. Bei Flugzeugen mit ihrem hohen Energiebedarf gerade beim Start ergeben sich für diesen Umstieg im Vergleich zur Autoindustrie ganz andere Aufgaben. Diesen stellt sich das Forschungsinstitut Access, Mitglied der Zuse-Gemeinschaft, mit seinem Industriepartner Rolls-Royce Deutschland: Sie entwickeln hybrid-elektrische Antriebe, die schon bald marktreif sein sollen.

Von Aachen bis Cottbus
„Beim Klimaschutz drängt die Zeit. Auch deshalb wollen wir die Entwicklungszeiten für Antriebe und andere Teile in Kooperation mit unseren Partnern deutlich verkürzen. Dazu haben wir an unserem Institut organisatorisch-strukturelle Innovationen umgesetzt und arbeiten an technologischen Innovationen“, erklärt Access-Geschäftsführer Dr. André Schievenbusch. Mit der organisatorisch-strukturellen Innovation meint er die Access-Dependance im brandenburgischen Cottbus, wo das gemeinnützige Forschungsinstitut, eigentlich in Aachen beheimatet, zusammen mit der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU) und Rolls-Royce an hybrid-elektrischen Antrieben für die Flieger forscht. Das heißt: Teilweise kommt die Energie künftig aus Strom, teilweise weiterhin aus flüssigen Energieträgern, sei es Kerosin oder E-Fuels.

Jede Änderung solcher Anforderungen ans Flugzeug und seinen Antrieb zieht eine Kette weiterer möglicher Anpassungen an einer ganzen Reihe von Teilen nach sich, daher die langen Entwicklungszeiten von üblicherweise zehn bis 15 Jahren.

Access steht dabei ziemlich weit vorn in der Reaktionskette: Ein Spezialgebiet des gemeinnützigen Forschungsinstituts: Das Verarbeiten von Metallen, seinen Legierungen und anderen Werkstoffen bei hohen Temperaturen. Dabei geht es um die Eigenschaften dieser Werkstoffe z.B. beim Guss bei Temperaturen von mehr als 1.500 Grad Celsius, aber ebenso um das Verhalten der daraus gefertigten Komponenten im Flugzeug selbst.

Gerade im Triebwerk - sei es konventionell, elektrisch oder hybrid - kommen bei Access entwickelte Bauteile zum Einsatz. Dies können z.B. Turbinenschaufeln sein oder auch, wie für das hybrid-elektrische Triebwerk, Gehäuse. Je nach Bauteil sind die Anforderungen sehr unterschiedlich was in einer darauf angepassten Auswahl von Werkstoffen und Herstellstrategien resultiert.

Fließen und Erstarren der Schmelze vorhersagen
Der Clou bei Access: Die Forschenden setzen konsequent auf das Zusammen-
spiel von Simulationssoftware zur Bestimmung des VeRolls-Royce Munich Perlach SiteArbeit bei Rolls-Royce Electrical an einem Elektromotor für ein Flugtaxi. Auch an diesem Thema ist der Deutschland-Ableger des Unternehmens dran. Copyright: Rolls-Roycerhaltens der Legierungen in der Schmelze sowie weitere digitale Tools. Das Institut, ursprünglich eine Ausgründung aus dem Gießerei-Institut der RWTH Aachen, hat sich in Zeiten von Industrie 4.0 damit einen Namen gemacht, das Fließen und Erstarren der Schmelze vorhersagen zu können. Ein Untersuchungsgegenstand: Das Dickenprofil von Teilen wie Gehäusen oder Triebwerksschaufeln. Es ist auch daher so wichtig, weil die Schaufeln im Flugzeug bei 10.000 bis 14.000 Umdrehungen pro Minute enormen Belastungen ausgesetzt sind.

Die Ergebnisse solcher Simulationen fließen ins Design der Prozesse mit ein und bestimmen so z.B. den Aufbau der Formschalen, in denen die Schaufeln oder, wie beim Hybrid-Triebwerk, die Gehäuse gegossen werden. Denn so wie die Technik im Guss sind die Technologien zur Herstellung von Formschalen ebenfalls Forschungsgegenstand.

„In unserem Cottbuser Ableger arbeiten wir mit 3-D-Druckverfahren für die Herstellung komplexer Formschalen, um die Bedürfnisse des Hybridantriebs zu erfüllen. Mit dem 3D-Druck können wir die Formschalen und damit auch die Bauteile komplexer auslegen und gleichzeitig viel schneller weiter entwickeln, als es sonst der Fall ist, wenn die Formschalen konventionell gefertigt werden müssen“, erläutert der Leiter des Cottbusser Access-Standortes, Hendrik Holling.

3D-Druck hilft beim Design von Kühlkanälen
Neben der Werkstoffauswahl ist die gezielte Temperaturführung im Triebwerk ein wichtiger Faktor für das Design der Formschalen. Denn hohe Temperaturen in der Turbine ermöglichen hohe Wirkungsgrade. So gibt es heute Turbinenschaufeln aus Metalllegierungen, die so mit Keramik beschichtet sind, dass sie höhere Temperaturen vertragen, als es der Schmelzpunkt der Legierung für sich genommen eigentlich zuließe. Doch auch solchen Fortentwicklungen sind Grenzen gesetzt. So ist die Kühlung der Triebwerkskomponenten und damit Luftzufuhr notwendig. Dafür muss die Luft durch Kanäle in den Bauteilen strömen, die schon mit der Formschale gegossen werden. Auch hier forscht Access gemeinsam mit Partnern an 3D-Druck Verfahren.

Access und Rolls-Royce sind mit ihren Partnern, darunter der BTU Cottbus, beim Hybridantrieb schon recht weit. Erste Tests von Prototypen sollen bereits 2022 stattfinden.

Stand: Dezember 2021