Kläranlage in Aachen-Soers. Im Kasten eine Rasterkraftmikroskop-Aufnahme (AFM) der Nanoantennen. Die Länge der Antennen beträgt etwa 6 Mikrometer (µm), ihre Breite und der Abstand zwischen den Antennen liegt unter 1 µm. Bildquelle: RWTH Aachen, Vera Kohlgrüber

Das Aachener Forschungsinstitut AMO arbeitet an einer kostengünstigen Aufbereitung von Schmutzwasser. Zum Einsatz kommt Nano-Technologie. Sie nutzt die Reaktionen, die sich an der Oberfläche von Stoffen abspielen. Ziel des Projekts: Die im Reinraum gewonnenen Erkenntnisse in den Großmaßstab übertragen.

Der Klimawandel und eine wachsende Bevölkerung machen Wasser in vielen Weltregionen zum begehrten Rohstoff. Zugleich sorgt Umweltverschmutzung dafür, dass sich Knappheiten  noch verschärfen, wenn sich Wasser nicht mehr im Kreislauf führen lässt, weil es zu sehr mit Schadstoffen belastet ist, seien es organische Verbindungen oder Rückstände von Medikamenten.  Das ist nicht nur in vielen Mega-Cities von Schwellenländern ein Problem, doch sind die Belastungen dort häufig besonders drängend.

Für die angewandte Forschung stellt sich zusammen mit der Wasserwirtschaft daher die Frage, wie sich stark belastetes Schmutzwasser so säubern lässt, dass es gefahrlos und möglichst günstig wieder zu Trinkwasser wird. Einen viel versprechenden Lösungsansatz dafür verfolgt ein Konsortium aus Forschenden und Mittelständlern um das Institut AMO, Mitglied der Zuse-Gemeinschaft.

Eine der wirksamsten Methoden zur Beseitigung organischer Verunreinigungen ist der Einsatz von hoch energetischem ultraviolettem (UV-) Licht. Der größte Nachteil: Die hohen Energiekosten.  "Die Situation lässt sich drastisch ändern, wenn wir Nanotechnologie - einsetzen, um Licht effizienter zu nutzen", sagt Ulrich Plachetka, von der AMO GmbH. Das Forschungsinstitut aus Aachen ist auf die Nano-Technologie spezialisiert. Ein Nanometer, das ist ein Milliardstel Meter. Das entscheidende an der Nano-Technologie: Sie nutzt die Reaktionen, die sich an der Oberfläche von Stoffen, im Vergleich zu ihren Volumeneigenschaften, besonders intensiv abspielen.

Wasserstoff und Sauerstoff wollen reagieren
Was das mit Kostensenkungen beim Einsatz von UV-Licht für die Wasserreinigung zu tun hat? Im Forschungsprojekt PEPcat, gefördert vom Bundesforschungsministerium, wollen Plachetka und sein Team sich Oberflächenreaktionen aus dem Nano-Reich zunutze machen, indem sie kostengünstig Radikale einsetzen. Konkret geht es um die hoch reaktive Verbindung  aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom, so genannte Hydroxyl-Radikale. Sie können andere Stoffe zersetzen, nicht nur pharmazeutische Rückstände, sondern z.B. auch Viren. Erzeugt werden die Radikale in Wasser durch Ladungsträger.

„Mit plasmonischen Antennen, die mit einer dünnen Schicht eines Photokatalysators wie Titandioxid (TiO2) bedeckt sind, sollten wir in der Lage sein, die Produktion von Hydroxyl-Radikalen zu erhöhen und die Energiekosten des Prozesses deutlich zu senken", erklärt Plachetka. Plasmonische Nanoantennen sind metallische Strukturen mit typischen Abmessungen von einigen zehn oder hundert Nanometern, die es ermöglichen, die auf eine Oberfläche auftreffende optische Strahlung in sehr intensive, lokale Felder auf der Oberfläche selbst umzuwandeln.

DAMO Erfolgsgeschichte Schmutzwasser2 BeitragRasterkraftmikroskop- (AFM) und Rasterelektronenmikroskop- (SEM) Aufnahmen der Nanoantennen (links bzw. rechts). Die Länge der Antennen beträgt etwa 6 µm, ihre Breite und der Abstand zwischen den Antennen liegt unter 1 µm. Bildquelle: AMO GmbHas Team um Plachetka erhofft sich durch die spezielle Anordnung dieser Antennen, ihre Geometrie, auch eine gute Photokatalysator-Aktivität mit Sonnenlicht zu erreichen. Denn die Sonne schickt, anders als einzusetzendes UV-Licht, keine Stromrechnung für die Wasserreinigung. Wichtig ist, dass die plasmonischen Antennen mit einer dünnen Schicht eines Photokatalysators wie Titandioxid bedeckt sind. Je besser dieser Überzug mit Titandioxid, desto besser die Aussichten auf Kostensenkungen.

Ein internationales Projekt
PEPcat steht für "Energieeffiziente fortgeschrittene Oxidation zur Entfernung organischer Substanzen im Abwasser durch plasmonisch verstärkte Photokatalyse", und ist ein Projekt der AMO mit dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen, der Coatema Coating Machinery GmbH, der UMEX GmbH Dresden und der Holinger Ingenieure GmbH. Das Projekt ist Teil der Förderinitiative "CLIENT II - Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen", Sie zielt darauf ab, mit Umwelttechnologie neue Märkte für innovative, exportorientierte Unternehmen, insbesondere aus dem Mittelstand zu erschließen. Forschungsobjekt bei PEPcat ist der Großraum Peking. Mittel für das Projekt kommen aus Deutschland und China.

Vom Reinraum in den Großmaßstab
"Unser Projekt konzentriert sich auf die Region Peking, aber die Lösungen, die wir entwickeln, können auch auf andere Ballungsräume in anderen Teilen der Welt angepasst und ausgeweitet werden", sagt Projektkoordinator Prof. Thomas Wintgens, Direktor des Instituts für Umwelttechnik der RWTH. "Wir wollen zeigen, dass die direkte Wasserwiederverwendung technisch machbar und eine hohe Wasserqualität erreichbar ist."

Ziel bei PEPcat ist die realitätsnahe Umsetzung. AMO bringt mit der Plasmonen-Expertise den Kernaspekt der PEPcat-Technologie ein. „Anschließend entwickeln wir gemeinsam mit Coatema eine Pilotanlage zur Übertragung der in unserem Reinraum entwickelten Nanostrukturen in den Großmaßstab.  Dies ist entscheidend, um sicherzustellen, dass unsere Technologie skalierbar und wirtschaftlich tragfähig ist“, erläutert Plachetka. Sollten die Forschenden das erreichen, sind auch die Aussichten auf eine Übertragbarkeit der Technologie in andere Weltregionen gut.

Stand: September 2020