Wo der Geldbeutel steckt, ist für die Lebensdauer von Smart Cards nicht Jacke wie Hose. Bildquelle: Fogra

Dass Männer ihren Geldbeutel häufig in der Gesäßtasche tragen, ist nicht nur ungesund. Es leiden auch die Karten im Portemonnaie. Das ist nur eine von zahlreichen Erkenntnissen, die Fogra, gemeinnütziges Forschungsinstitut für Medientechnologien, aus ihren Untersuchungen solcher Karten gezogen hat. Mit weiteren Biege-Untersuchungen will die Fogra nun die Lebensdauer sogenannter Smart Cards besser prognostizieren.

Wegen Rissen im Kunststoff reklamierte Smart Cards stammen zu 90 Prozent von Männern, fand die Fogra heraus. Fazit der Forscher: Dass die Karten im Geldbeutel der Männer häufig viel weniger lange halten als in den Portemonnaies der Frauen, liegt am Druck auf den Karten. Denn viele Männer tragen den Geldbeutel in der Hosentasche so, dass die Karten sich biegen. Das begünstigt die Entstehung von Rissen.

Was die männlichen Kanten und Rundungen an Gesäß und Hüfte mit der Smart Card machen, systematisieren die Münchner Forscher mit einer Biegeanalyse. Sie haben eine Messtechnik entwickelt, um die Belastungen von Karten über definierte Kenngrößen zu bestimmen.

Dazu werden die Karten in eine Art High-Tech-Schraubzwinge eingespannt, die Fogra nennt es Dauerbiegegerät. Darin werden die Karten den physikalischen Kräften ausgesetzt und nach einem festen Schema gebogen. „Von einer Standard-Biegung sprechen wir, wenn die Karten durch den ausgeübten Druck um einen Zentimeter in der Länge schrumpfen und dadurch um zwei Zentimeter in der Tiefe wachsen“, erklärt Arne Müller, Abteilungsleiter Sicherheitsanwendungen bei der Fogra. Eine Standard-Chip-Karte sollte, so Müller, rund 4.000 solcher Biegungen aushalten. Karten mit Ausweisfunktion und längerer Geltungsdauer hingegen sollten noch strapazierfähiger sein.

Ein feines Ohr an der High-Tech-Schraubzwingefogra Zwick BeitragUm die Qualität der Karten zu testen, verfügen die Fogra-Prüfer am Dauerbiegegerät über ein kleines, aber feines Arsenal elektronischer Werkzeuge. Bildquelle: Fogra

Um die Qualität der Karten zu testen, verfügen die Fogra-Prüfer am Dauerbiegegerät über ein kleines, aber feines Arsenal elektronischer Werkzeuge: Sie filmen die Bewegung der Karten mit einer Kamera und sie nehmen das beim Biegen entstehende Geräusch auf. „Die Qualität einer Karte lässt sich für Kenner meist schon heraushören“, sagt der Ingenieur. Er und sein Team checken die Mechanik, erfassen aber auch elektronische Funktionen der Karten. Das ist deshalb wichtig, weil sich in den Plastikschichten z.B. Antennen verbergen, die Informationen weitergeben. „In den Karten steckt mehr Technik, als den meisten Verbrauchern bewusst ist“, betont Fogra-Experte Müller.

Denn Smart Cards sind bekanntlich mehr als nur Bezahlkarten. Firmen nutzen sie, um Zugriffsrechte für Beschäftigte auf einem Chip zu regeln, der Bund um Fingerabdrücke im Personalausweis zu speichern. Die Gesundheitskarte mit Patientendaten und –historie auf dem Chip ist ein Beispiel für bislang noch ungenutzte Möglichkeiten von Smart Cards.

Doch nicht nur die Informationen auf der Smart Card sind wertvoll, auch die Karte selbst mit ihren bis zu 16 Kunststoffschichten. Ihre Lebensdauer zu prognostizieren bietet für Kunden und Anbieter daher ein großes Plus.

Nach etwa der Hälfte des aktuellen Fogra-Forschungsprojekts, das vom Bundeswirtschaftsministerium über die AiF gefördert wird, gibt sich Fogra-Experte Müller optimistisch: „Unsere bisherigen Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass wir die Form des Kraftverlaufs mathematisch beschreiben und auswerten können.“ Abzuwarten bleibt der weitere Verlauf der bis Ende September 2021 laufenden Arbeiten. Erfüllen sich die Erwartungen an die digitale Auswertung der Kraftmeierei am Prüfstand, bekommen die Kartenhersteller, das sind in der Regel Mittelständler, ein wertvolles Werkzeug für die Verbesserung ihrer Produktion an die Hand.

Sind es übrigens nicht die Kräfte der Physik, sondern die Verbindungen der Chemie, die den Smart Cards den Garaus machen, so liegt das öfter an Frauen als an Männern. Denn gibt es überproportional viele Karten-Rückläufer von Karteninhaberinnen, so sind laut Fogra-Experte Müller z.B. ätherische Öle aus Handcremes häufig schuld. Die schlimmsten Chemikalien sind nach seinen Erfahrungen Sonnenlotionen. Die können sogar Polycarbonatkarten binnen Stunden zum Brechen bringen.

Alexander Knebel, Pressesprecher

Stand: Dezember 2020