Die Weichenheizung im Betrieb: Die Schienen bleiben eisfrei. Bildquelle: ZAE

Die Beheizung von Bahnweichen bei Minusgraden verbraucht in Deutschland jedes Jahr große Mengen an Energie. Eine Entwicklung des ZAE Bayern und seiner Projektpartner löst das Problem.

Eis und Schnee, so sie uns der nächste Winter beschert, machen nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Schiene Probleme. Ein neuralgischer Punkt: die Weichen. Frieren sie ein, kommt es zu Verspätungen. Daher werden sie beheizt, was in Deutschland pro Wintersaison einen Energiebedarf von durchschnittlich 186 GWh verursacht. Das entspricht dem Strombedarf von mehr als 53.000 Familien mit vier Personen, bei einem angenommenen Haushaltsverbrauch von 3.500 kWh.

Einen innovativen Weg für eine viel sparsamere und zugleich verlässliche Beheizung von Weichen hat das ZAE Bayern, Mitglied der Zuse-Gemeinschaft, zusammen mit Forschungspartnern entwickelt: die geothermische Weichenheizung. Der Weg zur Weichenwärme führt zunächst nach unten. Denn die nötige Energie bezieht die geothermisch beheizte Weiche aus einer Erdwärmebohrung. Das macht sie netzunabhängig und reduziert laufende Energiekosten und CO2-Ausstoß nahezu auf null. Der Wärmetransport zur Weiche geschieht über ein selbstregulierendes Kreislaufsystem: In einem Rohr verdampft Kohlendioxid im warmen Untergrund, steigt zur Weiche auf, kondensiert dort, gibt dabei Wärme ab und sinkt wieder nach unten. Instandhaltungskosten entstehen kaum. Über lange Zeiträume hinweg kommt die neue Technik ganz ohne Wartung aus. Sensorik zur Steuerung ist nicht nötig, da das System selbsttätig zu arbeiten beginnt, sobald die Außentemperatur unter die Bodentemperatur fällt. Ausfälle sind laut ZAE unter normalen Bedingungen quasi unmöglich.

Das zur Auslegung der geothermischen Weichenheizung erstellte Simulationsprogramm berücksichtigt die geologischen und meteorologischen Gegebenheiten des Standortes und stellt so auch sicher, dass der Untergrund sich während der Sommermonate regenerieren kann.

Nach Labortests wurde das System bereits 2013 durch das Eisenbahnbundesamt zugelassen und in Hamburg, im hessischen Grünberg sowie in Sponholz in Mecklenburg-Vorpommern im Realbetrieb erprobt. Mit Hilfe der dabei gewonnenen Erfahrungen wurde das Konzept zur Marktreife weiterentwickelt und ist mittlerweile bei dem renommierten Bahnausrüster PINTSCH erhältlich.

Neben der PINTSCH ABEN geotherm GmbH und dem ZAE waren an dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt das Europäische Institut für Energieforschung und das Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt.

Das Potenzial für die Technik ist enorm: Allein die DB Netz muss rund 49.000 Weichen beheizen, damit sie funktionstüchtig bleiben, vor allem elektrische und gasbetriebene Systeme. Neben den Energiekosten fallen für diese Systeme regelmäßige Wartungskosten an. Ausfälle können dennoch auftreten.

Hingegen ist der Aufwand für die Installation der geothermischen Weichenheizung überschaubar. Die geothermisch Bohrung inkl. Verteilerschächte, sowie die Installation des Rohrverteilersystems sind hier die größten Investitionen.

Da für den Betrieb keine Hilfsenergie aufgewendet werden muss, lohnt sich die Technik im Grunde überall. Besonders viel Geld spart aber die Ausfallsicherheit: Friert eine Weiche ein, z. B. wegen gestörter Sensorik der Heizung, muss ein Räumtrupp kommen und das Eis abkratzen.

Stand: Mai 2020