Hanfkleid. Bildquelle: STFI

Sieben Partner, ein Ziel: Ein Konsortium aus Forschungsinstituten und Mittelständlern arbeitet an neuen Hanftextilien. Unter dem Markennamen Lyohemp entwickeln die Partner, zwei davon aus der Zuse-Gemeinschaft, das neue Verfahren von der Ernte und Aufbereitung bis zur Herstellung des fertigen Stoffes.

Wenn es um Kleidung geht, sind Naturfasern schon seit Jahrhunderten der Rohstoff Nummer eins. Neben der Baumwolle waren die Bastfasern Hanf oder Flachs von jeher geschätzte Ausgangsstoffe. Vor allem wegen ihrer hohen Festigkeit und Beständigkeit. Allerdings ließen sich Hanftextilien nur durch eine Vielzahl teils nicht sehr umweltfreundlicher Aufbereitungsschritte produzieren. Erst der Weg über einen Chemiezellstoff ermöglicht eine nachhaltige Faser der neuen Generation: Lyohemp, eine eingetragene Marke des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) aus Rudolstadt. Lyohemp ist eine umweltfreundlich erzeugte Celluloseregeneratfaser vom Lyocell-Typ, die aus Hanfzellstoff gewonnen wird.

Die dafür nötigen Prozess-Schritte hat jetzt ein Konsortium wirtschaftsnaher Forschungseinrichtungen und Unternehmen entwickelt. Seit 2017 arbeiten im Netzwerk „Hanf-Lyocell“ das TITK Rudolstadt und das Sächsische Textilforschungsinstitut (STFI) in Chemnitz mit den Unternehmen Pahren Agrar Kooperation, VoFa Vogtlandfaser GmbH Pahren, OP Papirna Olsany (Tschechien), smartpolymer GmbH Rudolstadt, Gebr. Otto GmbH Dietenheim und Paul Uebel GmbH Limbach-Oberfrohna zusammen.

TITK und STFI sind Mitglieder der Zuse-Gemeinschaft. Der Verbund und seine Mitglieder sind besonders stark in der effizienten Kooperation mit Partnern aus dem Mittelstand, sei es vor Ort oder in überregionalen Kooperationen im vereinten Deutschland und in Europa.

Das gemeinsame Ziel bei Lyohemp: kontrolliert biologisch angebauten Hanf für die Herstellung umweltfreundlich erzeugter Bekleidungstextilien nutzbar machen. Dabei nimmt das Netzwerk auch neue Verfahren zur Ernte und Aufbereitung der Hanfpflanze in den Fokus.

Der Schwerpunkt liegt darauf, alle Pflanzenbestandteile zu verwenden. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Legalisierung des Medizinhanf-Anbaus, bei dem nur das obere Drittel der Pflanze - Blüten und Samenstände – Verwendung finden, können dem Hanfanbauer nunmehr zusätzliche Einkünfte durch den Verkauf der Pflanzenstengel zufließen.

 

Extrem feine Fasern im Bereich feinster Baumwolle
„Keiner unserer Netzwerkpartner hätte sich anfangs vorstellen können, welche Nachfrage nach Technologie und textilem Produkt sich daraus entwickeln würde“, resümiert Dr. Frank Meister vom TITK in Rudolstadt.  Denn das Netzwerk entwickelte eine durchgängige Prozesslinie zur Herstellung von Cellulose-Regenerat-Fasergarnen. Das Ergebnis heißt Lyohemp und ermöglicht extrem feine Fasern im Bereich von feinster Baumwolle.

Zugleich bietet der neue Ausgangsstoff zeitgemäße tragephysiologische Eigenschaften, wie Anschmiegsamkeit oder Feuchtemanagement und nicht zuletzt eine einfache Verarbeitung entlang der textilen Kette.

"Die Arbeitsresultate des Netzwerks sorgen inzwischen nicht nur national für Aufmerksamkeit, sondern veranlassen auch immer mehr Unternehmen aus Europa und der übrigen Welt, sie aufzugreifen und mit Hilfe eines unserer Netzwerkpartner in die Praxis umzusetzen", berichtet Dr. Meister. So traten zwischenzeitlich Unternehmen aus Frankreich, Portugal, aber auch aus Kanada an das Konsortium heran, um den Weg zu umweltschonenden Textilfasern aus Regenerat-Cellulose zu prüfen und Technologie und Know-how zu übernehmen. "Insofern ist es sicher nur noch eine Frage der Zeit bis zur Errichtung der ersten Lyohemp-Faserproduktionsanlage", freut sich Dr. Meister  über eine Bilanz, die nicht jedes Netzwerk-Projekt vorweisen kann.

Stand: Januar 2020